Entstehung
Der SMOG-Baustein „Klassenrat“ wurde in den Jahren 2009/2010 erarbeitet und an unterschiedlichen Schulen in verschiedenen Klassen der osthessischen Region getestet. Bereits aus dieser Testphase hat z.B. die Grundschule Thalau im Landkreis Fulda, ob der guten Erfahrungen, das Konzept als festen Bestandteil in das Schulprogramm für alle Klassen verbindlich aufgenommen.
Wer hatte die Idee zu dem Konzept?
Das Konzept „Klassenrat“ wurde von Frau Claudia König vor dem Hintergrund wissenschaftlich fundierter, zeitgemäßer Erziehungsmethoden und den Grundlagen für wertschätzende Kommunikation entwickelt. Claudia König ist Familientherapeutin und als systemische Beraterin Ansprechpartner für Erziehungsfragen in Familien und Schulen.
Was will der „Klassenrat“ erreichen?
Der Klassenrat gibt Antworten auf die in Schulen sehr oft vorhandenen Probleme im kommunikativen Miteinander und konkretisiert sinnvolle Strategien, um anstehende Themen, Probleme, Konflikte in Schulklassen mit Lehrern und Schülern gemeinsam zu lösen. So wird die Klassengemeinschaft gefördert und das Selbstwertgefühl eines/r jeden Schülers/in gestärkt.
Welche Ziele sind am wichtigsten?
Kollektives Umdenken und gegenseitige Akzeptanz und Anerkennung, die durch die Beratungen innerhalb der Klasse gelernt und trainiert werden, sensibilisieren und stabilisieren die Kinder im Umgang miteinander. Sämtliche Prinzipien der Interaktion und Sozialität werden aktiv geübt und nicht nur anhand der Theorie individuell und theoretisch erarbeitet; Beispiele aus dem jeweiligen Kontext der Klasse, aktuelle Probleme und Unstimmigkeiten bieten hierfür die Grundlage. Damit verliert der Stoff an Abstraktion und gewinnt an Authentizität.
In die Entwicklung waren eingebunden:
- SMOG e.V.
- Jollydent e.V. (Partnerverein von SMOG e.V. in dem Projekt)
- Staatliches Schulamt Fulda
- Schulleitung und der Lehrkörper sowie die Eltern der Kinder in der Grundschule Thalau, Landkreis Fulda
- Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt (Evaluation)
Wie wird das Konzept vor Ort umgesetzt?
Der „Klassenrat“ findet in jeder Klasse der Grundschule einmal pro Woche in einer festgelegten Schulstunde regelmäßig statt. Er tritt nie aus aktuellen Anlässen zusammen, er ist ein festgelegtes „Ritual“ in der Klasse. Mit Hilfe des „Klassenrates“ lernen Kinder und Lehrer/innen, gemeinsam und offen über wichtige Angelegenheiten in der Klasse zu reden und zu beraten.
Ziel ist es, dafür einen geschützten Rahmen gegenseitiger Anerkennung und Gleichwertigkeit zu schaffen. Denn erst dieser ermöglicht, gemeinsam nach einer kooperativen Lösung zu streben, die für alle Beteiligten akzeptabel ist.
So fördert der „Klassenrat“ die Kooperation und das Gefühl der Verpflichtung gegenüber den gemeinsam festgelegten Zielen und Aufgaben.
Ablauf der „Klassenratstunde“ (45 Minuten):
- Ermutigung - Eröffnung der Sitzung und positive Runde
(Jede/r Teilnehmer/in beschreibt eine ihm/ihr in der Woche aufgefallene positive Verhaltensweise eines/er Mitschülers/in oder des/des Lehrers/in. So lernen alle, die positiv bewerteten Verhaltensweisen der Mitschüler/innen und Lehrer/innen kennen.)
- Rückmeldung - Überprüfung und Rückmeldung zu den Beschlüssen
von der letzten Klassenratrunde
- Neues Thema- Abfragen der zu klärenden Anliegen und Probleme
(In der Klasse hängt ein Board, an dem alle (Schüler/innen und Lehrer/innen) ein Thema anpinnen können, das im nächsten
„Klassenrat“ behandelt werden soll, z.B. Gestaltung der Klassenwanderung, Streit auf dem Schulhof, Ausgrenzung einzelner.)
- Beratungsrunde- Besprechung des Anliegens/ Problems
(Alle sind in der Beratungsrunde gleichberechtigt. In der Grundschule leitet der Lehrer die Beratung. In den älteren Klassen übernimmt ein/e Schüler/in diese Aufgabe. Sprechen darf nur der, der einen „Sprechstein“ in der Hand hält. Dadurch kommen alle zu Wort und alle lernen das Zuhören.)
- () Beschluss - Lösungssuche und Vereinbarung/ Protokoll
(Ein/e Lehrer/in bzw. ein/e Schüler/in führt das Protokoll über die Beschlüsse, die dann für alle in der Klasse, einschließlich Lehrer/in verbindlich sind.)
- Blitzlichtrunde - Feedback und Schließung der Sitzung
(Wie habe ich die Sitzung empfunden, wie zufrieden war ich.)
Welche Rolle haben die Kinder?
Die Kinder bringen sich im „Klassenrat“ gleichberechtigt und aktiv in die Beratungen ein. Sie lernen die positiven Seiten von einander kennen, disziplinieren sich bei der Gesprächsführung durch die Regeln (Ich darf nur reden, wenn ich den „Sprechstein“ habe.) und erarbeiten gemeinsam Lösung für anstehende Themen und Probleme in der Klasse. Sie lernen, sich an den gemeinsam getroffenen Beschluss zu halten.
Was verändert sich für wie viele Kinder durch das Konzept konkret?
Die Kinder machen im „Klassenrat“ begeistert mit, weil sich jede/r einbringen kann. Das eher zurückhaltende Kind wird ermutigt, sich einzubringen, Kinder, die sich gerne in den Vordergrund drängen, lernen, sich zu disziplinieren. Das Selbstwertgefühl der Kinder steigt, die Klassengemeinschaft wird deutlich gefördert. Die Lehrkräfte gewinnen mehr Zeit für den Unterricht, da anstehende Probleme nicht in dem Allgemeinunterricht angesprochen werden müssen. Die Eltern wissen, wie Probleme in der Schule abgearbeitet werden und unterstützen und ermutigen ihre Kinder, sich aktiv im „Klassenrat“ einzubringen.
Welcher gesellschaftlichen Herausforderung stellt sich das Konzept und wodurch ist es innovativ?
Das Projekt „Klassenrat“ ist eine gute Möglichkeit, mit der man in Schulen den Problemen im Umgang miteinander und der Gewalt begegnen kann. Es fördert das Selbstwertgefühl der Kinder und übt demokratische Verhaltensweisen schon zu Beginn der schulischen Ausbildung ein. Der „Klassenrat“ ist übertragbar.